Der in Jahrhunderten gewachsene Bau vereinigt fünf Stilepochen. Seine verschiedenen Bauphasen und Nutzungen sind nach der Renovierung im Schloßhof und im Gebäudeinneren ablesbar: darunter Reste einer gewaltigen Burganlage aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts und ein dreigeschossiges Fachwerkwohnhaus von 1480. Dem Ausbau zur spätgotischen Wohnburg im 16. Jahrhundert verdankt das Schloss die Staffelgiebel.
Im 18. Jahrhundert wandelt sich die Burg zum repräsentativen Schloss: 1741 wird die Anlage durch die gegenüberliegenden, um eine Art Ehrenhof gruppierten Wirtschaftsgebäude mit Marstall und Beamtenwohnungen ergänzt. 1756 entsteht der Verbindungsbau zur Kirche.
1778 bis 1781 erfolgt die noch heute prägende Umgestaltung durch Perre Michel d'Ixnard, der den stadtseitigen Flügel ausbaut und mit einer frühklassizistischen Fassade verblendet. Die letzte Modernisierung leitet um 1900 ein Wiener Architekturbüro. Eine prächtige Haupttreppe führt zur Beletage.
Johann Georg Dirr lieferte 1778 die Entwürfe für den Stuckdekor im Marmorsaal mit Darstellungen der vier Elemente und der Jahreszeiten und im Musiksalon mit Allegorien der Künste. Alabasterreliefs über den Türen des Marmorsaales zeigen Szenen aus der antiken Mythologie. Allein der Musiksalon enthält Tapeten aus der Zeit um 1800. Die anschließenden Räume wurden im späten 19. Jahrhundert mit Deckenstuck und Wandvertäfelungen im klassizistischen Stil ausgebaut.
Instandsetzung und Umnutzung
Die über 800-jährige Geschichte von Schloss Aulendorf spiegelt sich in höchst beeindruckender Weise in der Formen- und Stilvielfalt des heutigen Baukomplexes wider. Die ältesten überlieferten Bauteile der ursprünglichen Burganlage reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. Nach dem 30-jährigen Krieg wandelte sich das mittlerweile wehrhafte Schloss des 16. Jahrhunderts zu einer barocken Residenz. Der krönende Abschluss der baulichen Entwicklung von Schloss Aulendorf, das seine Vorbilder in der zeitgenössischen Schlossarchitektur Frankreichs hatte, bildete die Umgestaltung des Hauptgebäudes zu einem repäsentativen Palais.
Pierre Michel d´Ixnard, einer der bedeutendsten Baumeister des deutschein Südwestens im ausgehenden 18. Jahrhundert, schuf dieses klassizistische Juwel.
Schloss Aulendorf stellt aufgrund seines herausragenden und augenfälligen baugeschichtlichen Quellenwertes und des hohen künstlerischen Ranges seiner Einzelbauten ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung dar.
Ungeachtet dessen war die Erhaltung des Schlosskomplexes in jüngster Zeit in Frage gestellt. Eine nicht adäquate Teilnutzung und unterlassene Bauunterhaltung führten zu enormen Bauschäden. Eine besondere Gefahr ging vom Hausschwamm aus, der sich innerhalb weniger Jahre fast in allen Gebäuden ausbreitete. Teilweise war das konstruktive Gefüge bereits so geschwächt, dass zur Sicherung der Substanz Absprießungen erforderlich waren. In einigen Räumen stürzten Teile der Stuckdecken zu Boden.
Das gesamte, nahezu leerstehende Innere war verwahrlost. Alle Versuche, diesem Verfall entegegenzuwirken, scheiterten an den finanziellen Möglichkeiten des damaligen Denkmaleigentümers. Erst der Übergang der Liegenschaft an das Land Baden-Württemberg im Jahre 1987 machte den Weg frei für unaufschiebbare Rettungsmaßnahmen.
Da das Land keine unmittelbare Verwendungsmöglichkeit für das Schloss sah, gründete es eigens dafür eine Auffanggesellschaft und übertrug ihr sowohl die weitere Substanzsicherung als auch die Suche nach einer denkmalgerechten Nutzung. Nach umfangreichen und intensiven Voruntersuchungen in den jahren 1989/90 konnten für viele Bereiche Konzepte entwickelt und umgesetzt werden, die in beosnerer Weise Substanzeingriffe bei der Schadensbeseitigung auf ein Minimum reduzierten. Vor allem im künstlerisch eindrucksvollen Marmorsaal und in den angrenzenden Räumen der Beletage wurden nur die stark vom Hausschwamm befallenen und in ihrer Tragkraft geschwächten Hölzer ersetzt und lediglich die Anschluss-Stellen chemisch behandelt. Hierdurch war es möglich, die wertvolle Ausstattung ohne wesentlichen Ausbau zu konservieren und zu restaurieren. Auch im statisch-konstruktiven Bereich wurden neue Wege beschritten, die Nutzungsbeschränkung wirkte sich auf die vorhandenen Deckenbelastungen aus.
Statt aufwendiger Unterfanungen sichern Gabionen (Steinpackungen, die sich bereits im Straßenbau bewährt haben) den hang und damit die Außenmauern.
Ein adäquates Nutzungskonzept für den Schlosskomplex Aulendorf konnte schließlich 1992 festgelegt werden. Es gelang, die Stadtverwaltung zur Übernahme der beiden im Kern mittelalterlichen Gebäude zu bewegen und in den Bauten des Barock und des Frühklassizismus ein Zweigmuseum des Landesmuseums Stuttgart einzurichten.
Mit dieser außergewöhnlichen Rettungsmaßnahme - nur möglich durch das große finanzielle Engagement des Landes Baden-Württemberg - wurde der Bestand dieses bedeutenden Kulturdenkmals für künftige Generationen gesichert.
Wechselnde Besitzer - wachsende Schäden
Im Jahr 1941 verkauft die Familie von Königsegg das Schloss an die Deutsche Reichspost, die es nacheinander als Erholungsheim, Lazarett und Fernmeldebauamt nutzt. 1967 erwirbt der Freundeskreis Bayern und Schwaben im Verein Burgen im Alpenland e.V. das Anwesen, um es als Jugendbegegnungsstätte zu führen, was jedoch nicht dauerhaft gelingt. Bereits nach weinigen Jahren steht das Schloss weitgehend leer.
Bald sind die Folgen baulicher Vernachlässigung nicht mehr zu übersehen. An vielen Stellen zeigen sich Schäden, die sich schließlich so summieren, dass ein Teilabruch erwogen wird. Eine besondere Gefahr geht vom Hausschwamm aus, der sich innerhalb weniger Jahre fast im ganzen Schlossgebäude ausbreitet.